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Die zehn Usability Heuristiken mit Checkliste

Vor fast 30 Jahren hat der Human-Computer-Interaction Forscher Jakob Nielsen die zehn Usability Heuristiken entwickelt. Auch heute noch kommen sie häufig zur Anwendung, um benutzungsfreundliche User Interfaces zu gestalten. In folgendem Blogpost erklären wir die zehn Faustregeln und liefern einfache und alltägliche Beispiele.

Was sind Heuristiken?

Heuristiken sind mentale Abkürzungen und Strategien, die uns helfen, schnell und effektiv Entscheidungen zu treffen und Urteile zu fällen, ohne jeweils die vorliegende Situation von Grund auf neu analysieren zu müssen. Wir greifen bewusst und unbewusst auf Faustregeln zurück, um die Umwelt zu vereinfachen und unser Hirn zu entlasten.

Ein alltägliches Beispiel: Wenn in einem Restaurant viele Leute sitzen, dann muss es ein gutes Restaurant sein.

Heuristiken nach Nielsen

In der Usability-Forschung gibt es ebenfalls eine Reihe von Heuristiken, um die Benutzungsfreundlichkeit von User Interfaces und Interaktionen zu bewerten und verbessern. Die zehn Usability Heuristiken nach Jakob Nielsen sind ein oft zitiertes Beispiel. Diese Heuristiken dienen als Faustregeln und sind keine Richtlinien.

Insbesondere bei der Usability Evaluation eines existierenden Produkts kommen sie zum Einsatz. Wie zum Beispiel bei einem Experten UX Review oder bei einem UX Testing.

Sichtbarkeit des Systemstatus

Nutzer:innen sollten stets wissen, wo sie sich im Prozess gerade befinden und wie der aktuelle System-Status ist. Wird eine Aktion durchgeführt, wird eine unmittelbare Rückmeldung durch das System erwartet.

Das kann zum Beispiel in Form eines Tons, einer Animation oder eines Wechsels des Screens passieren. Je nachdem, in welchem Kontext die Nutzenden und das System sich befinden. Auf jeden Fall muss die Rückmeldung unmittelbar erfolgen, einfach verständlich sein und sich durch Prägnanz auszeichnen.

Ein Fortschrittsbalken informiert uns in Echtzeit über den Status des Uploads. Wir wissen also genau, wie lange es noch dauert, bis der Prozess beendet ist.

Übereinstimmung von System und Wirklichkeit

Das System sollte die Sprache der Benutzenden sprechen, mit Worten, Sätzen und Konzepten, die ihnen bereits vertraut sind. Auf systemorientierte oder technische Begriffe sollte verzichtet werden.

In der digitalen Welt helfen Bezeichnungen oder Modelle, die der analogen Welt entsprechen. In der Fachsprache nennen wir das auch «Mentale Modelle».

Wer kennt ihn nicht, den Taschenrechner aus dem Betriebssystem Windows. Sein Design ist dem Taschenrechner aus der realen Welt nachempfunden.

Kontrolle und Freiheit für Nutzende

Nutzer:innen sollen jederzeit die Kontrolle darüber haben, eine Systemfunktion zu verlassen oder eine getätigte Aktion rückgängig zu machen. Wurde fälschlicherweise ein Item ausgewählt oder hinzugefügt, sollte dieses auch wieder abgewählt oder gelöscht werden können.

Hierzu gehört auch der Überblick, wo im Prozess man sich befindet und die Möglichkeit, den Prozessschritt einfach wechseln zu können.

Die E-Mail wurde fälschlicherweise abgesendet. Das System bietet uns für wenige Sekunden die Option an, die Sendung rückgängig zu machen.

Beständigkeit und Standards

Wörter, Interaktionselemente oder Navigationselemente sollten stets konsistent sein. Die Definition von Standards über das gesamte System sind dafür unabdingbar und können z.B. in Form von Content Guidelines und Styleguides erfolgen. Auch systemübergreifende Standards sollen berücksichtigt werden.

Buttons aus oft verwendeten Plattform Libraries (z.B. Google Material Design) haben in verschiedenen Systemen stets dieselbe Funktion.

Fehlervermeidung

Gute Fehlermeldungen, dargestellt zur richtigen Zeit, sind wichtig. Ein sorgfältiges Design stellt aber sicher, dass Fehler erst gar nicht auftreten. Fehleranfällige Bedingungen sollen möglichst eliminiert werden oder zumindest eine Bestätigung durch die Nutzer:innen erfordern.

Es gibt zwei Kategorien von Fehlern: Ausrutscher und bewusste Fehler. Ausrutscher entstehen durch mangelnde Aufmerksamkeit, während bewusste Fehler auf einer Diskrepanz zwischen dem Verständnis der Nutzenden und dem System gründen.

Die Küchenschränke wurden mit Stickern versehen, um zu vermeiden, dass Personen versuchen die Schränke auf der falschen Seite zu öffnen.

Wiedererkennung statt Erinnerung

Nutzende sollen sich nicht an etwas erinnern müssen, um im Prozess weiterfahren zu können. Die relevanten Informationen sollen jederzeit sichtbar oder leicht abrufbar sein – möglichst ohne Unterbrechung des Prozesses.

Beispiel von Galaxus.ch: Produkte können im Einkaufsprozess auf einen Blick miteinander verglichen werden. Das verhindert das Herumspringen zwischen den Produkten.

Flexibilität und Effizienz

Während Effizienz für alle Nutzende gleich bedeutend ist, ist die Flexibilität in einem System gerade für erfahrene Nutzende von grosser Bedeutung.

Zu einer Beschleunigung innerhalb eines Systems können z.B. Tastenkürzeln und andere Shortcuts dienen. Diese Shortcuts sollten so gestaltet sein, dass sie für Neulinge nicht störend sind. So kann ein User Interface entstehen, das sowohl für erfahrene als auch für unerfahrene Anwender:innen optimal geeignet ist.

Wiederkehrende Aktionen, wie z.B. das Kopieren von Daten, möchten wir einfach und schnell über das Tastenkürzen Ctrl+C durchführen können. Hier ein Beispiel aus MS Word.

Ästhetisches und minimalistisches Design

Interfaces sollten keine Informationen enthalten, die selten benötigt werden oder gar irrelevant sind. Jede zusätzliche Information auf einem Interface konkurriert mit den relevanten Informationen und vermindert deren Sichtbarkeit.

Auf der Hauptansicht möchten wir nur Funktionen sehen, die wir auch regelmässig verwenden.

Nicht nur in interaktiven Systemen spielt Ästhetik und minimalistisches Design eine Rolle. Hier ist eine Rechnung als Beispiel abgebildet. Die relevanten Informationen sind relativ mühsam ausfindig zu machen.

Unterstützung bei Erkennung, Diagnose und Behebung von Fehlern

Fehlermeldungen sollten in einer einfachen und prägnanten Sprache verfasst sein. Sie erklären das Problem und schlagen konstruktive Lösungen vor. Erhalten wir eine Fehlermeldung, dann möchten wir direkt die Ursache und Lösung sehen und nicht einen kryptischen Error-Code.

Auch der Zeitpunkt, wann die Fehlermeldung erscheint, ist relevant für die Nutzendenerfahrung.

Hier sehr positiv: Schon während der Eingabe erhalten wir Feedback darüber, welche Passwortregeln schon berücksichtigt wurden und welche noch ausstehen.

Hilfe und Dokumentation

Ein System sollte in seiner Anwendung möglichst selbsterklärend sein. Sollten dennoch Dokumentationen oder FAQs notwendig sein, so sollten sie in verständlicher Sprache geschrieben und einfach auffindbar sein.

Kommt man bei einer Aufgabe nicht weiter, muss sie aber unbedingt erledigen, so werden Lösungen z.B. in einer Dokumentation oder bei einem Support- Dienst gesucht und hoffentlich auch gefunden.

Hilfsmöglichkeiten und Dokumentationen, die Microsoft Word bietet.

Checkliste

Erfüllt Dein System alle diese Heuristiken?

Hier erhältst Du eine Checkliste, welche Du zur Hilfe nehmen kannst.

Download Checkliste


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Juan Hofer, Experience Consultant
Publiziert am 31. Januar 2023